Le sujet porte sur l’axe 8 du programme : Territoire et mémoire.
a) Lesen Sie den Text. Geben Sie wieder, was Sie verstanden haben. Beachten Sie dabei folgende Punkte:
- das Hauptthema;
- die Hauptperson (Herkunft, Erfahrungen und Gründe der Rückkehr);
- die Bilanz und die Folgen der inneren Migration auf das Land.
b) Kommentieren Sie folgende Textstelle: „Andrea Steinert hält jene Ostdeutschen, die im Westen gelebt haben - und jene Westdeutschen, die im Osten gelebt haben oder leben -, nun für die wahren Architekten der Einheit“.
c) Bewerten Sie die Haltung des Journalisten Martin Machowecz: Ist sie neutral- informativ oder engagiert? Begründen Sie Ihre Antwort mit Beispielen aus dem Text.
Texte : „Die Hochzeit der Deutschen“.
30 Jahre nach dem Mauerfall- Von Ost nach West, von West nach Ost- und irgendwann vielleicht zurück. Jedes Jahr ziehen Zehntausende über die einstige innerdeutsche Grenze um. Die 30-jährige Suche nach dem Glück hat das Land geeint und getrennt.
Das Paradies der Andrea Steinert ist ein wuchernder1 Garten in Marienberg im sächsischen Erzgebirge. Einst hat sie die Flucht ergriffen aus jener Gegend, dann kam sie zurück2, um das Schicksal ihrer Heimat positiv zu beeinflussen. Steinert ist 51, sieht aber zehn Jahre jünger aus. Hier sitzt sie im Sportdress, gerade war sie noch auf einem Badminton-Turnier, jetzt erzählt sie aus ihrem wilden Leben.
Als sehr junge Frau ging Steinert in den Westen, lebte in Frankfurt und Wien und zum Schluss noch in Kairo, weil sie sich in einen Ägypter verliebt hatte. Sie war eine der erfolgreichsten Werberinnen Österreichs, entwarf große Kampagnen für Radiosender und Banken, gewann Preise auf der ganzen Welt. „Ich hatte immer das Gefühl: Den Osten hast du hinter dir‟, sagt Steinert, „der bietet dir nichts, da gibt es nichts mehr für dich‟. Mit Ende 30 hatte sie drei Kinder und trennte sich von ihrem Ehemann. Und plötzlich entdeckte sie eine Sehnsucht: danach, heimzukehren. Und das tat sie, 2010.
Ostdeutsche Politiker setzen große Hoffnungen auf Menschen wie Andrea Steinert. Wenn Frauen wie sie (am besten mit Kindern) jetzt wieder in den Osten kommen, in die alte Heimat- dann sind das jene Arbeitskräfte, jene Bürger, die der Osten so dringend braucht.
Dabei ist die Rückkehr3, findet Steinert, für beide Seiten schwer- für die Rückkehrer und für jene, die zu Hause geblieben sind. „Die Rückkehrer haben sich komplett verändert in der Zeit, in der sie weg waren.‟ sagt Steinert. „Vor allem aber hat sich die alte Heimat verändert. Da ist auch nichts mehr wie damals, als wir gegangen sind. Wieder anzukommen war ein schmerzhafter Prozess.‟ Mit den Menschen, die man seit 20, 25 Jahren kannte, gab es plötzlich keine gemeinsame Ebene mehr; Freundeskreise drehten sich komplett. Steinert stellte fest: Am besten verstehe ich mich jetzt mit Leuten, die ebenfalls zurückgekehrt sind. „Rückkehrer ähneln einander, die sind enthusiastischer, haben die Welt gesehen, wollen hier was bewegen, etwas aufbauen.‟ Wie sie.
Dennoch: Ihr neuer Mann ist einer, der nach der Wende hiergeblieben ist. Mit ihm hat sie in Marienberg einen riesigen Hof gekauft und saniert4, ein Teil der Gebäude ist vermietet, in einem anderen befindet sich Steinerts Agentur, mit der sie anderen Unternehmern helfen will, originelle Ideen zu vermarkten.
Eine Studie des Leibniz-Instituts für Länderkunde besagt: Rückkehrer in den Osten nehmen verringerte5 Karriere- und Verdienstchancen in Kauf6, denn sie kommen vor allem, weil sie zu Familie und Freunden zurück wollen. Sie sind keineswegs im Westen gescheitert, sondern kommen mit dem Stolz derer, die es auch in der Fremde schaffen. Allerdings wäre es illusorisch, sich von ihnen allein die Lösung aller Probleme zu erhoffen.
Die Rückkehr in den Osten sei kein Massenphänomen, sagen die Leibnitz-Forscher. Die Erfahrung zeige, dass nur ein Sechstel der Abwanderer wiederkomme. Und je länger jemand abwesend sei, umso wahrscheinlicher bleibe er für immer weg. Wer in den Neunzigern gegangen ist, kommt vermutlich nie wieder. Und wenn doch, dann als Rentner und nicht als Motor der Innovation.
Trotzdem: 2017 wanderten erstmals 3997 Menschen mehr aus dem Westen in den Osten als aus dem Osten in den Westen. Die innerdeutsche Migrationsbilanz hat sich - ganz zaghaft - umgedreht.
Andrea Steinert hält jene Ostdeutschen, die im Westen gelebt haben - und jene Westdeutschen, die im Osten gelebt haben oder leben -, nun für die wahren Architekten der Einheit. „Wenn wir darüber sprechen, was wir im Westen erlebt haben- und die Hiergebliebenen darüber sprechen, was sie im Osten erlebt haben-, dann erst kommen wir voran7.‟ 30 Jahre nach dem Mauerfall könnte es nun an der Zeit sein, endlich über alles zu reden. Frau Steinert hat damit begonnen.
Nach: Die Zeit, 12.08.2019
1 wuchernd: foisonnant
2 zurück/kommen = zurück/kehren: retourner
3 die Rückkehr: le retour
4 sanieren: rénover
5 verringert: réduit
6 in Kauf nehmen = akzeptieren
7 vorankommen: avancer